Ein Löffel für die Mami, ein
Löffel für den Papi. // Und kein Löffel für mich. Wenn ihr beide etwas mampfen
wollt, dann tut das, aber lasst mich aus dem Spiel. Ich bin ein Hungerautomat,
der durch verschiedene Arten von Brei still gelegt werden kann. Ich möchte
raus, mich bewegen, weglaufen. Die Löffelschlange wird nicht kürzer, sie hört
erst auf, wenn das ganze Glas in meinen Bauch gehäuft wurde.
Nimm einen Keks, die hat deine
Cousine gebacken. // Nicht nur grammatikalisch komplett für den Arsch, was jedoch
keinem auffällt. Einen Grund vorzuschieben, etwas zu sich zu nehmen, dass nach
Sperrholz schmeckt und dabei glücklich lächelnd zu bezeugen, wie lecker das
Holzstück doch ist, nur um einen Schreikrampf und einen Familienstreit
vorzubeugen, während doch eigentlich der ganze Grund nur darin besteht, dass
dieser Keks einige Nährstoffe enthält, die die Kleine schon seit längerem
verschmäht, weil sie alles verschmäht, und es ihr so schmackhaft zu machen. In einem
Kekskostüm.
Die Kinder in Afrika wären
froh, wenn sie so etwas zu essen hätten. // Dann gib es ihnen doch, wenn sie es
so unbedingt brauchen würden. Ein Spagetti-Eis. In einem Eis-Cafe. Davor einen
Hamburger und Pommes, also diese fancy angesagten aus Süßkartoffeln, damit es
auch ja gesund klingt. Das 180g Paketchen Fleisch war von einem glücklichen
Schwein und die Brötchenhälften ganz ohne Gluten. Der Salat knackig und die
Tomate frisch. Der Eisbecher ist nur die Krönung, die aufgefressen werden muss.
Ein Apfel ist kein Frühstück.
// Ein Apfel ist auch nicht lecker. Er gleitet nicht meine Speiseröhre runter,
sondern verstopft sie. Ein durch Sprüche wie diesen verkleinerter Magen kann
nicht mehr ertragen als drei Bisse von einem 110g schweren Apfel. Die 30
Kalorien blähen diesen Körper auf, bis er platzt. Das Hungergefühl schreit so
laut, dass es still ist.
Und warum isst du kein
Fleisch, keine tierischen Produkte und kein Gluten mehr? Also ich könnte sowas
ja nicht. // Um genau deinen verstörten Blicken aus dem Weg zu gehen, wenn du
dir dein Mittagessen bestellst, dich freust, beschwerst, wenn es zu lange
dauert, dein Magen knurrt und ich neben dir sitze und nichts bestelle. Deinen
Fragen vorzubeugen, warum ich heute wieder nicht mit dir esse und nur an meinem
Kaffee nippe. Dir einen Grund zu geben, dass es nur eine Phase sein kann, nur
ein Lifestyle, nichts Gravierendes, nichts Schlimmes. Ein Vorwand, um sich
keine Sorgen machen zu müssen.
Hör auf, iss deinen Teller
auf. // Das Porzellan wird meinen Magen zerkratzen, aufschneiden, vergrößern.
Doch das ist nicht gemeint. Die Pizza mit ihren 1200 Kalorien wird meinen Magen
weiten, meinen Bauch aufblähen, meinen Körper ausdehnen. Doch das ist nicht
gemeint. Essen, fressen, reinstopfen, ohne sich vorher Gedanken über
Inhaltsstoffe zu machen. Einfach Nahrung aufnehmen, ohne sie vorher farblich
passend auf dem Teller zu platzieren, ohne sie vorher zehn Minuten auf dem
Teller hin und her zu schieben, ohne vorher einen Liter Wasser getrunken zu
haben.
Verstehe doch, ich will nur,
dass du isst. // Zu mehr bin ich auch nicht fähig. Zu mehr bin ich nicht wert,
mehr kann ich nicht erreichen in meinem Leben. Weiße Wände, lange Kittel. Bei
den Mengen ist das Fressen und so werde ich gehalten, wie ein Tier, 24/7
beobachtet. Unterdrückt um aufzublühen. Unterdrückt, um euch zu gefallen.
Unterdrückt, um fett zu werden. Unterdrückt, um so zu sein wie ihr.
verfasst 01.08.2019
xxx
verfasst 01.08.2019
xxx
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