Ich verstehe und sehe sie
selbst nicht alle. Weil auch ich blind bin. Nicht bemerke, wenn es mir nicht
gut geht, obwohl doch ich es bin, die diese negativen Gefühle fühlt. Und die
Einzige, die diese dann auch daran ändern kann.
Aber lieber schiebe ich die
Schuld anderen zu. Bepacke Mitmenschen mit Säcken voll Schuldsand und jage sie
durch die Straßen. In meinen Vorstellungen, in meiner Feigheit, sind es meine
Mitmenschen, die alle Probleme produzieren. Am laufenden Band.
Doch tief hinter der
verschlossenen Tür meines Verstandes weiß ich ganz genau, dass ich nicht nur
Probleme entstehen lasse, sondern ihnen auch noch Wasser zum wachsen gebe.
Hübsch wachsen sie heran, in meinem kleinen Kopf, schlagen ihre Wurzeln und
sind so robust gegen Unkraut, dass sich dieses kaum heranwagt. Die
Pflanzenprobleme bleiben so lange, bis andere Pflanzen sie verdecken oder das
Unkraut sich doch durchgesetzt hat und sie versteckt, sodass sie immer noch da
sind, aber ummandelt mit einem weichen Meer aus unnötigem Schnick Schnack. Zu
sehen sind sie nicht, vielleicht in Vergessenheit geraten, trotzdem noch da.
Blumen zu pflücken ist eine
blöde Sache. Es dauert nur Momente, da fangen sie schon an zu welken, bis sie
nach einem Tag in den Müll landen können. Stehen sie jedoch lange auf der
Wiese, halten sie ihr Köpfchen in die Sonne und wachsen und gedeihen und leben.
Ich behalte mir meine Probleme bei.
Die Blumen zu pflücken ist
anstrengend, deswegen möchte ich nicht darüber reden. Ich zeige lieber, wenn
ich traurig bin.
Ich senke meinen Blick. Ich
spiele mit meinen Haaren. Ich kneife in meinen Arm. Ich schneide mich. Ich
knabber an meinen Fingernägeln. Ich sage, ich hätte keinen Hunger. Ich habe
keinen Hunger. Ich weine. Ich umarme lange. Ich lächle. Ich berühre die Hände
von jemandem. Ich bleibe stumm. Ich drehe mich weg. Ich werde laut. Ich
schreie. Ich haue, kratze, beiße. Ich wiege mich. Ich kotze. Ich sehe mich im
Spiegel an, ich sehe an meinem Körper herunter. Ich streite. Ich esse. Ich trinke Alkohol. Viel Alkohol.
Ich rauche Gras. Ich habe Sex. Ich liege alleine wach. Ich umarme meinen
Körper. Ich vergrabe mich im Bett. Ich weine.
Es gibt viele Wege, zu zeigen,
dass ich traurig bin. Nicht immer sichtbar, nicht mal für mich.
verfasst am 22.08.2019
xxx, karina
ps: inspiration für einen wettbewerbstext
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