Dienstag, 24. Dezember 2019

Eine Weihnachtsgeschichte / insta-vorschlag

Wer sind meine Liebsten, wer schenkt mir etwas, wem muss ich etwas schenken, obwohl ich es nicht möchte und noch weniger, Geld dafür habe. Ich habe gar kein Geld für all diese Leute, ach, lass uns dieses Jahr lieber einfach nichts schenken, und dann besorge ich doch eine Kleinigkeit, weil die andere Person mir ja auch etwas schenken wird, darauf bestehe ich zumindest.
Der Alkohol im Glühwein lässt mich trotz der Kälte lächeln, ich bin viel zu dünn angezogen in meinem Rock und dem durchsichtigen Top, aber so bin ich die sexy Schneedame, warum wollte ich nochmal so aussehen, es ist verdammt nochmal Winter und da sind Handschuhe, Mütze, Schal angesagt, aber warum sehe ich diese dann hier nirgendwo.
Ich glaube, der Schnee wird dieses Jahr uns weiße Weihnachten bescheren. Kleine Flocken rieseln vom wolkenbehangenen Himmel und hüllen die Welt in eine helle Decke ein. Schlitten fahren und Eislaufen ist wieder angesagt und ich zähle meine Prellungen.
Was wollen denn meine Liebsten, Socken, oder doch wieder ein Handtuch, ich gehe auf Tuchfüllung mit dem Verkäufer, doch auch der kann mir nicht weiterhelfen, alles so eintönig, warum muss Schenken auch so anstrengend sein, mein Kopf springt gleich in seine Einzelteile und danach im Kreis, ich drehe mich im Kaufhof im Kreis und finde nichts. Passendes.
Das Zelt mit der Bratwurst zieht uns an, ich bestelle mir nur Pommes, denn das ist auf dem Weihnachtsmarkt der Salat im Restaurant. Danach vielleicht noch ein Crepès, aber nur mit Zucker, Figur wird noch an den drei Weihnachtstagen genug demoliert, trotzdem dringt der Geruch von Paprika und gebratenem Fleisch in meine Nase, ich muss probieren.
Ich denke, wie jedes Jahr werde ich enttäuscht werden. Mutter Natur und Vater Himmelgott denken sich mal wieder, die Klimaerwärmung soll gesehen werden, Schnee, was ist das, Regen komm herbei und lass angeschlagene Seelen noch kränker werden. Meine Kehle meldet sich und ich huste vor mich hin.
Was könnte ich denn einfach selbst basteln, günstig nur Kleber und Klopapier einkaufen und dann wird daraus ein Kunstwerk, oder auch nicht, das hätte ein Erstklässler besser hinbekommen, also wieder zwei Tage verschwendet, ohne etwas wirklich hinbekommen zu haben. Geschenke sind aber auch scheiße und nur Geld zu geben, so was von 2003.
Die letzten Schlucke Feuerzangenbowle rinnen meine Kehle hinunter und ich halte mich an dem Stehtisch fest. Morgen weiß ich nichts mehr, aber das ist auch gut so, ich bin einfach nur müde und will schlafen, zum Glück muss ich morgen nicht arbeiten und auch sonst schnarch.
Ich hoffe, dass an Weihnachten wenigstens ein wenig die Sonne scheint. Mit meiner Familie drei Tage am Stück in einem Haus zu verbringen, das werde ich garantiert nicht aushalten, selbst nicht, mit dem stärksten Sekt und Glühwein der Welt. Ein paar Schritte um den Block für den traditionellen Spaziergang müssen schon drin sein, Natur.
Welche Ideen habe ich vielleicht noch, so was wie Gutscheine gibt es doch auch, eine Gratismassage oder ein Gratiskaffee oder ein Gratisfeierngehen, dann ist das Geldproblem auf später verschoben und ich kann die Sachen einfach auf eine Karte packen, fertig.
Das Essen ist wieder viel zu viel, die Portionen auch, los, nimm noch einen Nachschlag und dann noch Kuchen und wieder Abendessen mit Gans und Kartoffeln und Bohnen, wir liegen auf der Couch und Stöhnen vor Bauchkrämpfen. Warum tun wir uns das jedes Jahr wieder an?
Ich bin voller Zuversicht, dass nächstes Jahr alles anders wird. Meine Wünsche werden erfüllt und ich bekomme keinen dritten Kochlöffel, der Schnee wird endlich die Regenwolken vertreiben, der Glühwein wird mich nicht so voll machen und das ganze Essen spenden wir endlich mal an die, die es wirklich brauchen.
Danke, Weihnachten, bis nächstes Jahr.



verfasst 23.12.2019

xxx, karina

ps: insta-vorschlag: weihnachten

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