Donnerstag, 21. November 2019

ich-werde-dich-nie-wiedersehen-lächeln

Morgens, halb zehn in Deutschland und ich habe immer noch nicht verstanden, wieso diese Uhrzeit mich an eine Werbung erinnert. Wie kann mein Gehirn nur so manipulierbar sein.
Ein Fuß vor den anderen und ich gehe meinen Weg. Von meinem Gleis, durch den Bahnhof, zwischen den schwirrenden Personen mit wichtigen und gehetzten Gesichtern hindurch, auf die andere Seite, bei den Straßenbahnen, über die Ampel und fünf Minuten warten. Durchatmen.
Deine Kapuze ist halb über deinen Kopf, sie lehnt nur an ihm an. Vermutlich ist sie durch deinen Gang ein bisschen runtergerutscht, vermutlich willst du einfach nur cool sein.
Dein Blick allerdings.
Der rutscht nirgendswohin. Er greift nach meinen Augen und lässt sie erst los, als dein Kopf es ihm verbietet. Oder nein, du drehst dich sogar nochmal zu mir um. Lässt meinen Blick los und fasst ihn nochmal. Nur um zu zeigen. Ich kann.
Dann biegst du ab und bist verschwunden. Ich sehe mich in den Fenster der Straßenbahn vor mir. Der Schal versteckt die Hälfte meines Gesichts, ich würde mich selbst nicht erkennen. Meine Hände vor dem Körper, greifen die Enden des Schals und meine offene Jacke. In meinen Ohren schreit Dua Lipa und die Menschen laufen weiter. Du ja auch. Ich nicht.
Ich bleibe hier und frage mich, was das gerade war. Was du in meinem Leben warst.
Die Bahn fährt los und ich sehe dahinter steht noch eine, sie wartet auf einsteigende Menschen. Und die kommen, mit Reisekoffern und Handys am Ohr oder in der Hand, tippend, laut, lachend, grimmig und mit Kapuze auf dem Kopf.
Den Blick wieder, mich musternd und dann die Erkenntnis. Ich werde dich nie wiedersehen, du steigst nun in die Bahn ein, andere Richtung als ich, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, du wirst mich nicht wiedersehen, das ist eine große Stadt und schon in ein paar Minuten sind die Vorstellungen von dem jeweils anderen so verschwommen, dass wir aus verschiedenen Personen uns eh nicht mehr auswählen können, also warum auch. Ich lächle dich an, du nickst mir zu. Und deine Augen lächeln. Das reicht.



verfasst 01.11.2019

xxx

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