Meine frühste Erinnerung
Was soll ich
dazu schon sagen?
Meine früheste
Erinnerung ist so spektakulär wie ein Glas Milch. Nämlich gar nicht. Nur wenn
es umfällt, dann entsteht eine große Sauerei. Und so ist es bei mir auch.
Ich spüre,
wie meine Mama mich auf dem Arm hält. Wie wir beide auf dem Balkon stehen. In
dem Moment weiß mein Baby-Ich es nicht, aber es ist der 11. Stock. Unsere
Wohnung, ganz oben. Ganz unten auf dem Weg stehen Lena und ihre Mutter. Sie
winken. Meine Mutter animiert mich ebenso zu winken. Ich tu es. Sehe nach unten.
Auf die kleinen Bäume, das viele Grün, der kleine Spielplatz. Auf Lena und ihre
Mutter. Auf die Hochhausfassade, die so steil nach unten verläuft.
Meine frühste lebendigste Erinnerung
Ich spüre,
das harte Plastik durch meine Blümchenleggings. Meine Finger umfassen das harte
Metall auf beiden Seiten und mit viel Schwung stoße ich mich mit meinen Füßen
am weichen Sand ab. Meine Beine schwingen vor und zurück. Vor und zurück. Immer
höher, immer weiter. Das Metall quietscht am Gestell. Ich
spüre nur das Plastik an meinem Popo und in den Wind in meinen langen Haaren.
Sie fliegen vor und zurück, immer mit mir mit. Um mich herum so viele Menschen.
Sie lachen. Kinder rennen herum, fallen, stehen wieder auf, rennen weiter. Ich
sehe sie alle.
Voller
Freude stoße ich mich nochmals am Boden ab und versuche meinen Höhenrekord von
eben zu verbessern. Ich lächele.
Der Himmel
ist strahlend blau und ich fliege fast zu ihm hinauf. Mit meinen Füßen versuche
ich die kleinen Schäfchenwolken wegzuschieben, damit sie nicht die warme Sonne
verdecken können. Ich lache.
Ich bin vier Jahre alt
Ich stehe morgens auf und reibe mir die Augen. Dudu liegt nicht neben mir. Auch
nicht unter mir. Ach Kerle, wo bist du schon wieder? Heute Nachmittag kommt
doch Giulia, das heißt du musst dich fertig machen, dass heißt, du musst jetzt
zu mir kommen.
Ich schlage
meine Decke hoch. Nichts. Ich suche unter meinem platten Kopfkissen. Nichts.
Allmählich werde ich unruhig. Mensch, Dudu, jetzt hör auf! Ich durchkrame meine
Kuscheltiere, doch er liegt auch hier unter keinem. Langsam beschließe ich
aufzustehen und schwinge meine Füße aus dem Bett. Gerade als ich denke, dass
ich meine Decke ausschütteln sollte, stößt mein nackter Zeh gegen etwas
Weiches. Nicki-Stoff. Mein Blick landet auf dem Boden und ein grinsendes
Gesicht sieht mich an. Mann, Dudu! Flieg doch nicht immer aus dem Bett! Ich
bücke mich und hole Dudu zu mir nach oben aufs Bett. Ich schließe ihn in meine
Arme und küsse ihn auf die Stirn. Dann leg ich ihn zurück in mein Bett und
stehe wirklich auf.
Meine Mutter
holt uns vom Kindergarten ab. Wir lachen, denn wir haben viel erlebt. Ich nehme
Giulia an der Hand und zusammen laufen wir auf dem Bürgersteig an vielen grünen
Gärten vorbei zu mir nach Hause. Meine Mutter stellt uns Fragen, wir antworten
kichernd. Zuhause angekommen quatschen wir immer weiter, reden, reden, reden
und reden. Giulia hat Snowy dabei und gemeinsam gehen wir mit Dudu und Snowy
und ihren Kindern auf den Speicher. Es ist warm, denn die Sonne strahlt genau
aufs Dach und wir müssen uns erst einmal an die stickige Hitze gewöhnen. Wir beraten
uns, was als Nächstes zu tun sei und beschließen erstmal die Hochzeitsgäste
zusammen zu suchen. Eyela und Feya sind natürlich mit dabei. Falaroy und alle
anderen Feen werden in zwei parallelen Reihen aufgestellt, so dass zwischen
ihnen ein schmaler Gang entsteht. Aus der großen Cou-Cou-Kiste, in der all meine
Anziehsachen drin sind, bastelt Giulia ein Hochzeitskleid und eine leere,
ausgewaschene Lätta-Schachtel wird der Altar.
Feierlich
sagt Giulia: „Wir freuen uns sehr, dass sie alle hier erschienen sind um mit
uns Hochzeit feiern zu wollen.“
„Zum
hundertsten Mal“, füge ich dazu und wir lachen beide.
Dudu und
Snowy gehen zusammen den schmalen Weg entlang zum Lätta-Altar, an dem sie getraut
werden. Zum Schluss gibt es einen schönen Hochzeitskuss.
Plötzlich
hat Giulia keine Lust mehr und ich willige ein, Prinzessin und das Dorfmädchen
zu spielen. Wir ziehen uns meine Kleider an und spielen die Szene aus dem
Barbie-Film nach. Ich weiß nicht wie, aber irgendwann liegen wir schon wieder
lachend auf dem Boden.
Sie fragt
mich etwas und schaut mich erwartungsvoll an. Ich antworte. Weiß nicht mehr,
was ich sagte, ist auch egal.
verfasst September 2015 (in den Eckenrothworkshops)
xxx, karina
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