Donnerstag, 18. Februar 2021

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Und ich lebe und lebe die Tage hinweg.

Ich stehe auf und schminke mich, werde wach und setze ich mich an den Schreibtisch, Kaffeetasse in einer, den Hunger in der anderen Hand. Beides lege ich auf die Schreibtischplatte. Ich starte den Laptop und tauche in eine Zoomwelt nach der anderen ein, manchmal schaltet sich Netflix als Werbung dazwischen.

Ich stehe auf und tanze im Kreis in meinem Zimmer. Das Workout dieses Monats. Der Nachbar von gegenüber schaut mir aus seinem Fenster zu, ich habe kein Geld und keine Motivation für Vorhänge. Meine Lampen leuchten auf, wenn ich einen Knopf drücke und wenn ich ihn nochmal drücke, gehen sie wieder aus. An Aus. An Aus.

Ich trete in die Küche und mache mir ein Marmeladenbrot. Das Rot der Erdbeere erinnert mich an den Blutgeschmack, als ich mir gestern in meine Fingerkuppe geschnitten hatte. Die Küchenmesser mögen mich nicht und kommen mir doch immer wieder so nah.

Ich pendle eine Weile zwischen der Küche, meinem Zimmer und dem Bad hin und her, auf der Suche nach Beschäftigung. Schließlich nehme ich meinen Mantel vom Haken und bringe den Müll raus. Genug frische Luft für heute. Im Briefkasten starrt mir ein leeres Nichts entgegen, genauso erfüllt und gefüllt wie mein heutiger Tag. Und der davor. Und der davor. Als würde ich auf etwas warten.

Ich gehe wieder in die Küche, nehme ein Glas und schenke mir Rotwein ein. Es war nur noch ein Schluck in der Flasche. Das Glas ist dreiviertel voll.

Was solls.

Ich nippe dran und spüre, wie die warme Flüssigkeit sich ihren Weg durch meine Kelle bahnt und sich in meinem Gehirn ausbreitet. Fast zeitgleich.

Ich setze mich zurück auf meinen Schreibtischstuhl und starre aus dem Fenster. Dem Nachbarn direkt in die Augen, bis er sich umdreht und die Aussicht auf mich Aussicht sein lässt.

 

Wo bleibst du

Warum stehst du nicht vor meinem Fenster

Wann kommst du zurück

 

Aus Versehen blicke ich in den Spiegel. Meine Lippen sind blau angelaufen, ich zittere und der Wein hat seine Spuren in meinen Mundwinkeln hinterlassen. Ich hätte dich viel lieber auf den Lippen. Oder nebendran. Oder auf meinem Körper, wie wenn du

Das Glas fällt mir aus der Hand, rollt sich auf meinem Körper ab und landet mit einem Klirren auf dem Boden. Die rote Flüssigkeit auf meinem weißen Pullover, auf meinem schwarzen Schreibtischstuhl, auf dem braunen Boden.

Was solls.

Schönes Aroma für den Raum.

Es überdeckt dein Parfüm, dass schon viel zu lange nicht mehr hier war.

 

 

verfasst 29.01.2021

xxx, karina

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