Sonntag, 14. März 2021

Menschenweh

Wenn der warme Kaffee meine Kehle hinunterläuft, schaue ich aus dem Fenster. 

Wenn die Sonnenstrahlen mein Gesicht durch die Scheibe berühren, schleicht sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. 

Wenn ich mich abwende, stehe ich wieder in meinem Zimmer und atme Heizungsluft.

 

Der Winter ist noch nicht um, doch der Frühling ist schon losgesprintet. Scheiß mal auf den Countdown. Beide streiten sich wie ein geschiedenes Ehepaar, die Sonne strahlt mal, dann schiebt sich eine Wolke vor sie, dann fällt Regen bis es schneit. Die armen Kinder wissen auch nicht wohin und wieso. Genauso wenig wie ich. 

 

Mein Zimmer ist ein Zufluchtsort. So eingerichtet, dass ich mich jederzeit wohlfühle. Wenn ich nach Hause komme, nach einem langen Tag. Dann kann ich mich in mein Bett fallen lassen, auf die vielen Kissen und einen Film auf Netflix schauen. Oder an meinem Schreibtisch etwas zeichnen und Musik über die große Box in der Ecke des Raumes hören. Einfach entspannen und meine Fotos an den Wänden anschauen und mich an die schönen Momente erinnern. 


Doch jetzt stehe ich schon gar nicht mehr aus dem Bett auf. Ich bleibe in meiner Jogginghose und meinem Schlafshirt, ich trinke Kaffee, um nichts mit meiner Energie den Tag über anzufangen, ich schaue Netflix und schlafe ein, ich zeichne und lasse den Stift aus Unmut fallen, oder schmeiße ihn gegen die Wand.


Ich schwelge nicht in Erinnerungen, wenn ich die Polaroids anschaue. Ich lebe in ihnen.


Wenn ich etwas will, dann ist es. In einer vollen Bahn stehen und sich nicht um die eigene Achse drehen können. Gefühlte zehn Jahre an der Kasse bei Rewe stehen. In einem Raum neben Menschen sitzen und nicht zwei Meter voneinander entfernt. In einer Menge von tausend fremden Personen stehen und zu der Musik, die viel zu laut ist, tanzen. Im Club das Getränk umschütten. Die Sonne bei einem Picknick im Park spüren. In der Innenstadt shoppen, ohne sich anstellen zu müssen. Außer an der Kasse.


Meine beste Freundin sehen. Diesen Typ aus dem Café wiedertreffen. Mit den Kumpels um die Häuser ziehen. Zu günstigen Wein kaufen und mich mit dir an die Alster setzen. Deine Stimme schmecken. Dein Lachen spüren. Deinen Duft sehen. Deine Gegenwart hören. Und deine. Und deine. Und deine.


Mit vielen nicht mehr alleine sein.

Aus dem Zufluchtsort raus, damit er wieder ein Zufluchtsort sein kann.

 

 

 

verfasst 12.03.2020

xxx, karina 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen