Freitag, 3. Dezember 2021

Können wir bitte aufhören, in einem AnnenMayKantereit-Song zu leben?

Beziehungsweise uns von Provinz eine Gegenwart auftischen zu lassen, die nicht unsere ist? Von wegen Lisbeth einfach mal nicht zuhören? Nicht auf Shuffle drücken, wenn wir uns unter unsere Decken gekuschelt haben, Kopfhörer in den Ohren, dem Selbstmitleid und der Selbstinszenierung lauschen.

(1) Ich hab mit dir gemeinsam einsam rumgesessen und geschwiegen.

Unsere Blicke haben sich getroffen und dabei die drei-Sekunden-Regel überschritten. Einfach nicht beachtet, sondern weiter aufeinander gestarrt. So schöne Menschen, wie wir es sind, wenn wir zusammen sind, haben wir noch nie gesehen. Und das ist fein. Voll okay.

(2) Es geht mir gut.

Wenn wir uns sehen, dann reden wir und schauen uns in die Augen. Vom ersten Tag an bis heute. Und immer wieder entdecken wir etwas Neues. Ein starkes Glitzern. Ein leichter Hauch von Schwermut, aufgefüllt mit Neugier. Wir mögen unsere Berührungen, weil sie nichts zu bedeuten haben, bis sie etwas bedeuten.

(3) Warum willst du jetzt schon gehen?

Wir reden, quatschen belangloses Zeug und dabei bedeutet es die Welt für uns. Irgendwann kickt der Alkohol und wir müssen nicht mehr reden. Nur noch den Klang des Regens hören, unsere Hände halten sich gegenseitig, unsere Beine ineinander verschlungen.

(4) Hast du dich im Rausch selbst aufgegeben?

Bei uns fühle ich mich wohl, obwohl es kaum ein Ich bei uns gibt. Wir. Und das seit so kurzer Zeit, dass es sich wie eine Ewigkeit anfühlt. Wie war ein Leben ohne uns? Wer will sich schon an sowas erinnern?

(5) Dass man trinkt, um zu vergessen.

Und irgendwann können wir einsam gemeinsam sein. Nebeneinander liegen, stehen, gehen, aber immer in dieselbe Richtung. Deine Art verrät mir, dass du genauso fühlst. Aber wir sind beide zu feige? zu unerfahren? zu dumm? um es zuzugeben. Was überhaupt zugeben? Wenn ich etwas fühle, dass ich noch nie gespürt habe.

(6) Wird immer schlimmer, wenn du gehst.

Dann schreibe ich dir, wenn mir langweilig ist. Wenn ich mich zu eins zu fühle. Und übers Telefon, mit deiner Stimme zwei sein möchte. Ohne deine Nähe zu spüren, aber es ist besser als mich an meinen Gedanken aufzuhängen.

(7) Ich kann dir erzählen, was ich mir selbst verschweige.

Und während ich so fühle und du so fühlst und wir eigentlich schon lange ein Wir sind, hören wir diesen Stimmen zu, die nicht unsere sind, aber unsere Geschichte erzählen. Doch ich will uns erzählen. Oder von dir uns hören.

(8) Würdest du heute mit mir ausgehen?

Ja, aber ohne Henning May.



verfasst im Sommer 2021
 
Zitat 1: Barfuß Am Klavier - AnnenMayKantereit
Zitat 2: Es Geht Mir Gut - AnnenMayKantereit
Zitat 3: Länger Bleiben - AnnenMayKantereit
Zitat 4: Das Gefühl - AnnenMayKantereit
Zitat 5: Ich geh heut nicht mehr tanzen - AnnenMayKantereit
Zitat 6: 3. Stock - AnnenMayKantereit
Zitat 7: Vielleicht Vielleicht - AnnenMayKantereit
Zitat 8: Ausgehen - AnnenMayKantereit
 
xxx, karina

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