Donnerstag, 2. September 2021

Wenn die Sonne ruft

Mit den ersten Sonnenstrahlen fing der Tag auf dem Bauernhof von Bauer Bernd an. Früh misteten die Menschen die Ställe aus und fütterten die Tiere. Alle, egal ob Mensch, Huhn, Schaf, Kuh, Schwein oder der Haushahn Hannes, kannten den Ablauf.
 
Nur für das kleine Lamm Leni war jeder Tag ein neues Abenteuer. Leni spähte immer neugierig zwischen den Stahlstäben hindurch. Auf der einen Seite blickte das Lamm zu den Milchkühen Marga und Mascha. Auf der anderen Seite grenzten die Schweinegehege an und da war viel mehr los als bei den Kühen. Vor allem seitdem die Schweinemama Junge geboren hatte.
 
Wenn Leni die Nase durch die Gitterstäbe steckte, erblickte sie sieben Ferkel an den Zitzen der Schweinemama. Bis auf eines, das lag allein auf dem Stroh.

Leni sagte: „Hallo, ich heiße Leni. Wer bist du?“
Müde hob das Ferkel seinen Kopf: „Ich bin Felix.“
„Und warum liegst du so allein hier?“, fragte Leni.
„Ich bin traurig“, sagte Felix.
„Warum?“, fragte Leni.
„Hier ist es so dunkel und so kalt“, sagte Felix.

An jedem folgenden Tag bekam Leni die gleiche Antwort. Das Lamm verstand Felix nicht. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie immer dieselben Gitterstäbe und Tiere sah. Aber sie wusste, dass im Sommer alle nach draußen durften. Bis dahin spielte sie mit den Sonnenstahlen, die durch die Holzschlitze blitzten. Nur Felix war zu traurig, um mitzuspielen. Das wollte Leni ändern.
Manchmal halfen die Kinder Bauer Bernd beim Füttern und Ausmisten. Dann waren die Türen der Gehege der Schafe und den Schweinen gleichzeitig geöffnet. Das war die Chance.

„Felix, wach auf“, flüsterte Leni durch die Stäbe.
„Was ist denn?“, fragte Felix.
„Komm mit!“ Überrascht sah Felix, wie Leni zwischen den Beinen von Bauer Bernd nach draußen flitzte.
„Komm schon!“, rief sie. Zittrig stand Felix auf. Nach und nach gehorchten ihm seine Beine und er schoss hinter Leni her. Die Beiden rannten auf den Hof. Die Rufe von Bauer Bernd waren weit hinter ihnen.

„Schau dir diese wunderschöne Welt an!“, staunte Leni.
Felix staunte auch. Die Bäume trugen schon einige Blätter und kleine Blumen fingen an zu wachsen. Ein lauer Frühlingswind streichelte seine Borsten. Ein Lächeln machte sich auf Felix‘ Gesicht breit.

Nachdem die beiden wieder eingefangen wurden, warteten Leni und Felix voller Vorfreude auf wärmeres Wetter. Nach wenigen Wochen war es so weit und alle Stalltüren wurden geöffnet.

„Felix, es geht los!“, rief Leni. Die beiden Tierkinder waren die Ersten, die auf der angrenzten Weide waren. Felix und Leni jagten über das Gras. Die Sonne blickte auf die beiden hinab und kitzelte sie an den Nasenspitzen. Der Duft eines Sommers voller Abenteuer lag in der Luft. 
 
 
 
verfasst 01.06.2020
xxx, karina

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen