Mittwoch, 5. Mai 2021

Ich bin sogar besoffen noch ziemlich eitel

Sie lallt in ihr Glas, das Handy in der rechten Hand. Sie zeigt mir irgendjemanden, den sie mal kannte oder der sie mal kannte, auf jeden Fall gemeinsame Vergangenheit.
Ich schwanke und halte mich am Stehtisch fest. Wo ist eigentlich mein Glas? Da war doch bestimmt noch etwas drin.

„Verstehst du, wie ich das meine?“, fragt sie.
„Auf jeden“, sage ich. Zustimmung ist eine tatkräftige Unterstützung in so lebenswichtigen Fragen.

„Gott, wie nice, du bist die Erste, die das versteht!“, ruft sie. Was verstehe ich? Meine Mundwinkel lächeln zögernd, während mein Blick Richtung Sonnenuntergang hinter ihr schweift. Wie kann es so früh sein und ich so betrunken? Bin ich denn gar nichts mehr gewohnt?

Ist das schlimm?

Sie redet weiter und meine Gedanken schweifen ab. Wenn man von Menschen spricht, labert doch jeder nur von seinen. Überträgt Aussagen auf sein Umfeld. Oder diesen einen, von dem man nichts mehr hört. Oder zu viel hört.

„… und wenn ich besoffen bin, bin ich einfach zu stolz, um zu schreiben.“

„… ich kann gar nicht verstehen, dass man dann so betrunken anruft und irgendwie redet, dass man den anderen vermisst und so.“

„… ich pass da einfach dann richtig auf, und hab auch gar keinen Bock darauf dann, weißt du?“

„… und wenn er dann nichts hört, weiß er ja, dass mich das alles zwischen uns nicht interessiert, bin voll drüber weg so, ja.“

Mein Kopf nickt. Ich brauche etwas Neues zu trinken. Sonst rede ich noch… „Aber trotzdem denkst du ja an ihn. Also hat er gewonnen.“

„Wie bitte?“

„Wenn man bei sowas von Gewinn reden kann.“

Angewidert dreht sie sich um und blickt ebenfalls in den Sonnenuntergang, das Handy lässt sie in ihre Manteltasche gleiten.
Erste Konversation mal wieder richtig gerockt. 
 
 
 
verfasst 04.05.2021

xxx, karina

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