Freitag, 25. September 2020

gegenstandsduft

Ihre fucking Kette liegt noch auf meinem Nachttisch.

Ich bringe M zur Tür, wünsche einen schönen Tag, schließe die Tür, nehme einen Schluck Kaffee, gehe ins Schlafzimmer und sehe sie. Die fucking Kette auf dem Nachttisch.

Bitch.

Ich hätte mich schon noch bei dir gemeldet, Mädel. Du musst mir keinen Anstandsgegenstand zum Anrufen hinterlassen: Uhhh hahaha, etwas liegt noch bei mir rum, ich bringe es dir vorbei, wollen wir uns noch auf einen Kaffee oder Tee oder Gin Tonic treffen? In der Stadt, im Park, bei dir zuhause?

Die Kette grinst mich mit Ms Lächeln an. Ein zartes Kreuz an dünnem Lederband zusammengehalten von einem Metallverschluss. M saß auf mir, die Kette störte, sie verschränkte die Arme hinter dem Kopf, zog sie aus, legte sie achtlos zur Seite und machte weiter. Seitdem liegt die Kette auf meinem Nachttisch. Genauso wie sie hingeschmissen wurde und dennoch schön drapiert.

Der ganze Raum riecht nach ihrem Parfüm. Ich öffne die Fenster und atme stickige Mittagsluft ein. Ein Blick auf die Kirchenuhr verrät mir. Es ist schon zwei. Wie lange war M da? Über zwölf Stunden, wir haben geredet und gelacht und uns gut verstanden, aber bitte dann, es wird peinlich: M muss nach Hause und ich muss vor mich hinvegetieren. Ganz normaler Mittwoch.

Der Duft verfliegt bis abends, die Kette bleibt und fühlt den Raum aus. Ich schlafe heute auf der Couch.

Ich hätte mich schon noch bei ihr gemeldet. Ganz sicher.

So muss ich und ich mache nie Sachen, die ich muss. Ich will M ja wiedersehen, aber one night fick sollte für eine Nacht bestehen und fertig. Darüber hinaus wird es kritisch und wir stehen schon an der Klippe. Ich habe Brötchen zum Frühstück geholt. Und Kaffee gekocht. Eigentlich kann ich gleich in die Wellen des Meeres springen und verrecken.

Ich dusche, aber ihre Fingerabdrücke bleiben auf meiner Haut. Was wir alles gemacht haben. So viel Gin Tonic intus.

Ich lege die Kette zu meinen Schmucksachen und vergesse sie da.

Also irgendwann werde ich sie vergessen haben. Bestimmt.

 

 

verfasst April 2020

xxx, karina

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